In Unterdürrbach trocknen die Bauzaunbanner (s. Anhang), die ab September 2019 am Bahnhof das Gelände des Neubaus umzäunten. Am Bahnhof wurde ein beschauliches Ausstellungsgelände geschaffen, der „DenkOrt Deportationen 1941 – 1944“. Am 17. Juni wurde er eröffnet. Die einstündige von Eberhard Schellenberger moderierte TV-Sendung ist bis heute in der BR-Mediathek abrufbar.
Wie kam es dazu? Seit 2015 arbeitete die Unterdürrbacherin Benita Stolz, ein Mitglied unserer Pfarrei, mit einer Projektgruppe daran, zunächst an der Aumühle einen DenkOrt zu schaffen, der an die 2069 deportierten jüdischen Unterfranken erinnern sollte. Gerade einmal 63 hatten mit viel Glück die Gewaltverbrechen überlebt.
Zunächst holte sie die Meinung von Dr. Josef Schuster ein, der ihre Idee unterstützte. Mit einer großen Runde von unterfränkischen Heimatforscher*innen, dem Oberbürgermeister, Vertretern der Regierung und Dr. Schuster selber wurde dann das Projekt konzeptionell weiterentwickelt. Der Architekt und Künstler Matthias Braun wurde beauftragt, die Grundidee eines Gepäckhaufens umzusetzen. Und dann nutzte sie ihre Verbindungen als Stadträtin, um eine großzügige praktische Unterstützung von Seiten der Stadt zu erreichen.
ie unterfrankenweite Ausstrahlung des DenkOrtes wurde dadurch erreicht, dass jede der 109 Gemeinden, wo es früher eine Synagoge gab, ein Gepäckstück nach Würzburg schickt – und ein weiteres vor Ort bei sich aufstellt. So wurden die Gemeinderäte aufgefordert, dazu einen Beschluss zu fassen. 47 Gemeinden schafften es, bis zur Eröffnung ihr Gepäckstück abzuliefern. Die letzten wurden in der Unterdürrbacher Garage der Familie zwischengelagert.
Bei der Eröffnung sprachen nach dem Oberbürgermeister Christian Schuchardt und dem Bezirkstagspräsidenten Erwin Dotzel der bayerische Antisemitismusbeauftrage Dr. Ludwig Spaenle, Dr. Josef Schuster vom Zentralrat der Juden, Dr. Ries vom historischen Begleitprojekt am Johanna-Stahl-Zentrum und Benita Stolz, die Initiatorin. Sie verwies auf die besonderen Eigenheiten der verschiedenen Gepäckstücke.
In Würzburg war der Koffer von einer Abiklasse vom MGG gestaltet worden: mit einem kleinen Fenster, in dem ein Teddy und ein Tagebuch zu sehen sind. Der andere Betonkoffer aus Heidingsfeld wurde von der dortigen Berufsschule hergestellt. Beide werden noch in der Stadt einen würdigen Ort finden: Der Würzburger Koffer in der Spiegelstraße, von wo aus ein Deportationszug gestartet war.
Zwanzig weitere Zusagen gibt es bereits für die zweite Eröffnung. Und manche Gemeinde wird diesmal animiert, sich auch am DenkOrt zu beteiligen, damit sie bei der zweiten Eröffnung, wohl am 17.6.2021, dabei sein kann.
Wenn Sie mit der Linie 13 demnächst am Bahnhof ankommen, verweilen Sie doch einmal am DenkOrt gegenüber: Ein ehrendes und trauerndes Gedenken sind die vielen Ermordeten schon wert.
Michael Stolz